Latte Art für Zuhause: Herz, Tulpe & Co. im Cappuccino meistern

Latte Art für Zuhause: Herz, Tulpe & Co. im Cappuccino meistern

Latte Art – die Milchkunst auf Cappuccino & Co. – ist kein Hexenwerk, aber echte Übungssache. Guter Milchschaum ist die halbe Miete: Ohne feinporigen „Mikroschaum“ geht es nicht. Mit etwas Know-how und den richtigen Tricks zaubert jeder zu Hause irgendwann Herz, Tulpe oder Blatt in die Tasse. Wir erklären euch Schritt für Schritt, worauf es wirklich ankommt – von der Zubereitung des Schaums über die richtige Ausrüstung bis hin zu häufigen Fehlern und Motiv-Tipps. Keine Angst vor Spritzern: Mit dieser Anleitung lernt ihr mühelos und humorvoll, was viele Profi-Baristas jahrelang üben.

Milchschaum wie ein Profi: Ziehphase, Rollphase und Temperatur

Der schönste Latte Art Schaum entsteht in zwei Phasen. Wichtig aber, vor dem Schäumen solltet ihr den Espresso ziehen. Dieser darf ruhig etwas stehen. Frisch geschäumte Milch solltet ihr jedoch sofort verwenden.

  • Ziehphase: Stellt eure Dampflanze knapp unter die Milchoberfläche und lasst Luft einziehen. Ihr solltet ein leises „Kratz“-Geräusch hören. Zischt die Düse laut und gierig? Dann saugt sie zuviel Luft – dann Lanze etwas tiefer in die Milch tauchen. Kein zischender Ton? Evtl. steckt die Lanze zu tief und erwärmt nur die Milch.
  • Rollphase: Bei etwa handwarm (30–40 °C) wird aus dem „Ziehen“ ein sanftes Rollen: Senkt die Lanze langsam tiefer, so dass die Milch im Kännchen einen Wirbel bildet und größerer Schaum zu feinem Mikroschaum zerfällt. Die „Rollphase“ ist hörbar ruhig, die Milchoberfläche beginnt seidig zu glänzen.

Prüft die Temperatur stets mit der Hand am Kännchen: Ab etwa 55 – 65 °C erreicht ihr den „Sweet Spot“ – die Milch schmeckt süßlich und verbrennt nicht. Sobald sich das Kännchen kaum noch halten lässt, Dampf ausschalten. Bevor ihr mit dem Giessen startet, das Milchkännchen auf der Tischplatte abklopfen: Große Bläschen platzen, und schon kann der Schaum mit einem gemächlichen Schwenken noch besser vermischt werden, bis er homogen und glasklar ist. Reste an der Dampfdüse sofort abwischen, sonst verkleben diese schnell und das ist nicht nur unansehnlich, sondern auch ein hygienisches Problem.

Noch ein Tipp: die Milchkanne möglichst schwenkend in Bewegung halten, damit sich der Milchschaum nicht wieder trennt.

Milch: Vollmilch oder pflanzliche Barista-Edition?

Eure Basisflüssigkeit: Kuhmilch mit viel Eiweiß. Für großen Schaum braucht es Proteine, nicht nur Fett. Wir empfehlen Bio-Vollmilch (3,5 % Fett) – schmeckt lecker und ergibt dichten Schaum. Ganz wichtig: die Milch sollte kalt sein. Je kälter (unter 7 °C), desto mehr Zeit habt ihr, sie fein zu schäumen, ohne dass sie zu schnell heiß wird. Beide Phasen könnt ihr dadurch länger ziehen. Das ist vor allem zu Beginn eurer Latte-Art-Reise eine große Erleichterung.

Pflanzlich geht auch: Greift zu Barista-Editionen von Soja-, Hafer- oder Mandelmilch (wir haben in einem großen Vergleichstest die besten getestet). Sie sind speziell für die Zubereitung von Cappuccino und co. gemacht und schäumen sich ähnlich gut wie Kuhmilch. Normale Pflanzenmilch (ohne Barista-Hinweis) führt oft zu instabilem, grobkörnigem und flüssigem Schaum.

Ein kleiner Geheimtipp zum Üben: Mischt statt echter Milch einen Tropfen Spüli ins Wasser! Das lässt sich fast gleich wie Milch aufschäumen. Oder noch besser: benutzt Barista Carl’s Blend (BCB), eine von Baristas für Baristas entwickelte Substanz, die zum Üben von Latte Art entwickelt wurde. Wir benutzen BCB auch in unseren Latte Art Kursen, um weniger Abfall mit guter Milch zu produzieren.

Ausrüstung: Milchkännchen & Tasse

Das richtige Werkzeug hilft enorm.

  • Milchkännchen: Unverzichtbar ist ein Edelstahlkännchen mit gut geformter Ausgießnase. Edelstahl reinigt sich leicht, und ihr fühlt von außen, wenn das Kännchen zu heiß wird. Ideal ist ein bauchiger Boden und eine spitze Tülle. Wir empfehlen im Idealfall zwei Kannen: eine 350 ml und eine 600 ml Kanne. Die kleinere Kanne eignet sich für eine Portion, die größere für zwei. In der Praxis werden sie aber auch genutzt, um zwischen den beiden Kannen den Schaum aufzuteilen!
Tipp: Kannen mit einem spitzen Ausguss eignen sich eher für feine und genaue Linien. Kannen, die über einen breiten Ausguss verfügen, erzeugen dickerer Linien und lassen beim Gießen zu, dass sich mehr Milchschaum auf der Crema abzeichnet.

Beim Kauf einer neuen Milchkanne ist es vor allem wichtig, dass der Ausguss parallel zum Henkel verläuft, damit die Latte Art symmetrisch und gleichmäßig wird.

KMMilchkaennchen 2 1920x

Das sind unsere selbst gestalteten KM Latte Art Kannen. Felix Hohlmann, der deutsche Baristameister 2024 hat die kleine Kanne nach seinen Wünschen gestaltet: Michel Indelicato, der Espressomaschinen-Test hat die große Kann gestaltet. Welche Ideen den Kannen zu Grunde liegen, lest ihr ganz unten in dieem Artikel. Zu den KM-Milchkannen in unserem Shop.

  • Für einen Cappuccino füllt man das kleine 350m- Kännchen zu etwa einem Drittel bis zum Beginn des Ausgusses. Das sind ca. 120 bis 140 ml, was auch davon abhängt, wie groß die spätere Cappuccino-Tasse ist.
  • Für zwei Cappuccini nutzen wir die 600 ml Kanne und füllen sie ebenfalls bis zum Beginn des Aufgusses (ca. 240 - 260 ml). Tipp: Wir empfehlen euch zu Beginn immer das größere Kännchen zu verwenden. Das gibt euch mehr Zeit zum Schäumen, alles verläuft etwas weniger rasant und in der großen Kanne ist genügend Platz, um die Milch in der Rollphase schön seidig zirkulieren zu lassen.
  • Tasse: Ein dickwandiges Modell mit rundem Boden und weitem Rand ist optimal. Keine scharfen Kanten! Je bauchiger nach unten die Tasse, desto besser kann der Schaum vom Boden nach oben steigen. Eine Cappuccino-Tasse (≥ 150 - 200  ml) ist perfekt. Sie bietet viel Fläche zum „Malen“. Vor dem Eingießen des Milchschaums solltet ihr die “Crema-Leinwand” durch Schwenken der Cappuccino-Tasse gleichmäßig verteilen.
fuellhohe kanne

Eingieß-Technik: Strahl, Tempo und Fehlerquellen

Konzentration bei jeden Milliliter: Höhe, Abstand und Geschwindigkeit entscheiden über Erfolg oder Matsch:

Latte Art gießen im Herz-Muster:

  • Tasse leicht schräg halten, damit die Kanne näher an die Crema herankommt.
  • Von weiter oben mit einem dünnen Strahl eingiessen (ca. aus 5 cm Entfernung zur Tasse). Dadurch gleitet der Milchschaum unter die Crema und füllt die Tasse, ohne dass die braune Oberfläche bereits weiß färbt.
  • Färbt sich die Oberfläche dennoch weiß, so kann man diese weißen Flecken mit dem Strahl der herabfallenden Milch wieder “unter die Crema ziehen”.
  • Zum Zeichnen nun ganz nah mit der Milchkanne an die Crema heran gehen. Der Milchschaum gleitet nun nicht mehr durch die Crema, sondern legt sich auf sie und verbindet sich mit ihr. Damit das gelingt, die Kanne steiler halten, damit der Milchschaum aus der Kanne fliesst.

Tipps und Technik:

  • Strahl kontrollieren: Haltet das Kännchen ruhig und lasst nur einen feinen, beständigen Milchstrahl fließen. Schnell auszuschütten bringt nichts – die Milch soll sich homogen in die Crema senken.
  • Bewegung und Haltung: Weniger ist mehr! Pendelt das Kännchen nicht wild hin und her, sondern führt ruhige Wellenbewegungen aus – insbesondere beim Blatt oder der Tulpe. Unnötige Hast und Körperverkrampfung sind tödlich fürs Muster. Bleibt entspannt: Schultern locker, Rücken gerade. Viele Trainer mahnen: „Mach immer dasselbe, nicht viele Bewegungen.“ (Dauerhafte Konzentration statt hektischer Sprünge.)
  • Schnappt euch den Moment: Latte Art kann nur mit frisch geschäumter Milch gelingen. Bereits nach ~30 Sekunden trennt sich der Schaum in heiße Milch und Luft – eure „Latte Art-Träume“ lösen sich in Luft auf. Schlagt also zu, sobald der Schaum glänzt, und gießt zügig. Frisch geschäumt bedeutet: kurze Wege vom Kännchen in die Tasse.
schaumen latte art

Fehlerquellen:

  • Zu viel Milch im Kännchen? Dann schwappt beim Neigen schnell zu viel in die Tasse (überlaufende Flecken). Lieber in Etappen gießen und Tasse neu ausbalancieren.
  • Zu harte Strahlbewegungen? Verzögert oder zerstört den Musteraufbau. Ein weicher, endlos gleichmäßiger Strahl ist der Weg.
  • Falscher Zeitpunkt? Startet mit der Ausgusstülle knapp unter der Oberfläche und zieht sie erst hoch, wenn sich ein malfähiger Milchfleck (weiß umrandet von Crema) gebildet hat.

Übung macht die Meisterin: Tipps für die Praxis

Kaum jemand zaubert beim ersten Mal perfekte Muster. Anfängliche Kringel und „Monsterherzen“ sind völlig normal. Manche Barista-Profis üben sogar ohne Espresso: Mit Wasser + Seifenlauge oder BCB-Lösung, wie schon erwähnt. Das spart Milch und erlaubt Endlosschleifen: Ein Tropfen Spüli in Wasser schäumt ähnlich wie Milch. Spezielle Übungsflüssigkeiten wie Barista Carl’s Blend (BCB) ähneln Milch ganz genau und machen Übe-Latte vergleichsweise günstig.

Wichtig ist Geduld und Wiederholung: Übt immer dieselbe Bewegung (siehe „Herz“ unten) bis sie sitzt. Seid nicht zu streng mit euch selbst – selbst Weltmeister-Baristas haben zu Beginn abstrakte Krümel auf ihren Cappuccinos erzeugt. 

Die ersten Muster: Herz, Tulpe und Rosetta

Fangen wir mit den Klassikern an. Habt ihr eine gute Basis aus Espresso, Crema und Mikroschaum, lassen sich drei Motive verhältnismäßig leicht umsetzen:

  • Herz: Das klassische Herz ist das Einsteiger-Motiv. Haltet die Tasse schräg, den Griff zum Körper. Gießt aus etwa 4–5 cm Höhe zuerst zentriert in die Mitte des Espresso. Bei etwa der Hälfte der Füllung der Tasse nähert ihr euch der Crema an. Sobald sich in der Mitte ein weißer Milchtropfen aufbaut, zieht ihr das Kännchen ein kleines Stück hoch und gießt weiter – dabei „schneidet“ ihr mit dem Strahl einmal durch den weißen Punkt durch. Es entsteht die charakteristische Herzspitze. Kurz gesagt: Gleichmäßiger Strahl ins Espresso-Zentrum, Annähern an die Tasse/Crema, weißer Fleck entsteht, dann Kännchen anheben und Strahl durchziehen
  • Tulpe: Die Tulpe kombiniert mehrere Herzchen übereinander. Gießt zunächst Herzbeginn (Punkt) ins untere Drittel der Tasse. Unterbrecht den Strahl, setzt erneut das Kännchen an und schiebt einen zweiten Punkt in den ersten. Nun folgt der dritte Angang und vierte, etc. Zum Schluss zieht ihr wiederum den Strich durch, während ihr die Kanne anhebt. So entsteht der charakteristische Mittelstil.
  • Blatt/Rosetta: Das Blatt ist der nächste Schritt. Ihr beginnt wie beim Herz (Strahl zentriert). Sobald der erste weiße Dot steht, senkt ihr das Kännchen etwas ab und führt es mit kleinen Schlangenbewegungen von einer Seite zur anderen durch den Schaum. Das erzeugt lange, geschwungene Bögen. Ist die Tasse fast voll, hebt ihr das Kännchen und zieht den Strahl schnurgerade durch die Mitte ab. So läuft das Muster elegant von der Tassenkante zur Mitte. Wichtig: die Wellenbewegung bleibt gleichmäßig, der Endzug sauber.

Diese drei Grundmuster – Herz, Rosetta, Tulpe – sind genug, um Freunde und Familie zu beeindrucken. Wenn ihr die Basis draufhabt, könnt ihr später mit Latte-Art-Stiften, Kakao oder Schokolade weitere Verzierungen hinzufügen. Doch erstmal üben, bis das Herz aussieht wie ein Herz!

giessen latte art

Zusammenfassung: Mit Technik und Humor zur Latte Art

Latte Art ist kein Geheimnis, sondern ein Handwerk und Technik mit Milch: Die richtige Milchtemperatur (ca. 55 – 65 °C), saubere Dampflanze, ruhiger Gießstil und eine gute Portion Übung sind das Rezept. Achte auf folgende Eckpunkte:

  • Füllmenge & Phasen: Ein Drittel Milch ins Kännchen, Ziehphase (Luft holen) + Rollphase (Milchwirbel), bis ca. 60 °C.
  • Tempo: Nicht tröpfeln, nicht schütten – ein dicker Strahl, gleichmäßig ins untere Drittel.
  • Kännchen-Haltung: Kännchen mit dem Ausguss am Tassenrand ansetzen, nicht zu tief eindringen
  • Tassenwahl: Runde, bauchige Cappuccino-Tasse (150 - 200 ml) mit glattem Übergang Boden–Rand. Viele empfehlen auch größere Tassen. Raten wir von ab, denn die Balance zwischen Espresso und Milch ist mit einem einfachen Espresso sonst nicht gegeben.
  • Übung: Schäum erst mal fleißig (mit Seife oder BCB), bis Handschrift und Timing sitzen. Und denk dran: Übung macht den Meister und die Meisterin.

Mit diesem Wissen seid ihr bestens gerüstet. Also keine Scheu: Heizt die Maschine ein, packt den besten Espresso aus und schäumt los. Die erste Latte Art mag aussehen wie abstrakte Kunst – doch das gehört dazu. Jeder Gießversuch bringt euch näher ans perfekte Herz.


Natalie Wiederkehr
Natalie Wiederkehr
Natalie Wiederkehr ist Latte-Art und Barista-Trainerin in der Kaffeeschule. Sie ist ausserdem Teil der Gastro-Leitung unserer Basler Cafés und schwerpunktmässig verantwortlich für unser Café im Bahnhof Basel SBB.

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