Cupping: Wie du zu Hause Kaffee verkostest wie ein Profi

Cupping: Wie du zu Hause Kaffee verkostest wie ein Profi

Verkosten von Kaffee, oder eben Cupping, spielt in der Welt des Kaffees eine wichtige Rolle. In den Ursprungsländern (Exportländern), also dort wo der Kaffee angebaut wird, wird so die Qualität des geschaffenen Produkts überprüft. In den Importländern, bei uns Konsumenten, wird von den Einkäufern durch das Cupping überprüft, ob die gelieferte Qualität der Bestellung entspricht. Die Röstereien definieren über das Cupping, für welches Getränk sie den Kaffee rösten möchten. Und wir zu Hause können so herausfinden, ob uns der Kaffee gefällt.

Dieser Artikel erklärt, wie ihr Zuhause Kaffee verkosten könnt und ordnet die Bedeutung und den Anwendungsfall von Cupping ein. Was ist ein Cupping?


Was ist ein Cupping?

Unter einem Cupping versteht man die Methode, die für eine Verkostung von Rohkaffee angewendet wird. Dazu wird ein Kaffee Sample nach einem vorgegebenen Standard geröstet, gemahlen und durch das Schlürfen des Kaffees verkostet. Der standardisierte Ablauf ermöglicht es, Kaffee objektiv zu bewerten und zu vergleichen.

Unter die Lupe genommen werden dabei 10 verschiedene Attribute, die allesamt eine Punktetotal von je 10 Punkten erreichen können - Total also 100 Punkte. Neben Aroma und Geschmack wird dabei auch die Säure, der Körper, der Abgang, die Balance und der Gesamteindruck bewertet. Süsse, Uniformität und Sauberkeit runden die zu bewertenden Attribute ab. Cupping Videos

abschoepfen cupping

Einfache Schritt für Schritt Cupping Anleitung

Kurz und bündig, für zu Hause oder im Betrieb, hier das 1x1 eines Cuppings. So verkostest du mit Leichtigkeit wie die Profis. Tipp: Lies zuerst die ganze Anleitung einmal durch, bevor du dann startest.

Deine Vorbereitung

Fremdgerüche beeinträchtigen die sensorische Wahrnehmung.

Wenn du Kaffee (oder auch Wein und Bier) sensorisch analysieren möchtest, dann achte darauf, dass keine Fremdgerüche im Raum sind. Schliesslich soll der Duft nach Rosen, Lindenblüten und Jasmin von deinem Kaffee und nicht von deinem Perfume her stammen.

Was du benötigst:

  • 1x Mühle
  • 1x Cuppinglöffel oder Esslöffel
  • 1x Tasse oder Glas 200ml (falls kleiner oder grösser, Brühverhältnis beibehalten)
  • 1x Tasse oder Glas, um den Löffel zu reinigen (Grösse spielt keine Rolle)
  • 1x Wasserkocher
  • 200ml weiches Wasser (beispielsweise Volvic, Black Forest)
  • 12gr Kaffee (bzw. Brühverhältnis 1:16,66 = 6 g Kaffee auf 100 g Wasser)
  • Papier und Schreiber
  • Stoppuhr

Das 1x1 des Cuppings - kurz und bündig

  1. Kaffee polenta-fein (700-1000 Micron) mahlen
  2. Am trockenen Pulver riechen
  3. Wasser auf 93-96° erhitzen
  4. Start der Stoppuhr und Wasser randvoll über Kaffee aufgiessen, dabei allen Kaffee befeuchten
  5. An Kruste riechen
  6. Nach 4 Minuten Kruste brechen
  7. Aufschwimmende Partikel abschöpfen ohne abgesunkenen Kaffee aufzuwirbeln
  8. Kaffee verkosten (siehe unten)
  9. Eindrücke festhalten - wieso erkenne ich den Kaffee wieder?
  10. Reinigen: Kaffeesatz nicht den Abfluss, sondern durch ein feines Sieb abgiessen und den Rest geniessen. Kaffeesatz als Düngemittel für Pflanzen verwenden.

Zwischen den einzelnen Schritten immer wieder den Löffel mit Wasser reinigen.

Die einzelnen Cupping Schritte im Detail erklärt

Notizen

Bei einem Cupping ist es das A und O, das Verkostete mit Notizen festzuhalten. Das kann anhand eines offiziellen Score Sheet der SCA sein, im persönlichen Notizbuch oder einer Cupping App. Wichtig dabei ist, dass du durch deine Notizen den Kaffee wieder erkennen kannst. Auf einer professionellen Ebene geschieht das Ganze auf einer objektiven Basis. Zu Hause darfst du gerne deine Subjektivität einfliessen lassen, es geht ja schliesslich darum, ob du den Kaffee magst oder nicht. Notiere aber auch hier, was dir am Kaffee besonders gut gefällt.

Arabica Cupping Form

SCA Arabica Cupping Form

Anzahl Tassen

Für eine professionelle Verkostung werden 5 Tassen individuell Kaffee aufgebrüht. Der Kaffee wird in jede Tasse einzeln abgewogen und gemahlen. So können eventuelle Fehler oder Defekte im Kaffee erkannt und auch benannt werden. Es wird nach der Uniformität des Kaffees geschaut. Würde nur eine Tasse aufgegossen werden, so wüsste man nicht, ob der vermeintliche Fehlgeruch tatsächlich einer ist, oder der ganze Kaffee so riecht und vielleicht eine mindere Qualität aufweist.

Brew Ratio

Für 12gr Kaffee verwenden wir 200ml Wasser. Falls du eine kleinere oder grössere Tasse oder ein Glas benutzt, dann achte darauf, dass du das Brühverhältnis beibehältst. Für 150ml Wasser nimmst du 9gr Kaffeen (1:16.6). Übrigens: unser Brew-Ratio entspricht nicht der Vorgabe und Standards der Specialty Coffee Association. Dieser sieht ein Brühverhältnis von 8.25gr auf 150ml vor, also 1:18. Wir verkosten gerne etwas stärker, da für uns so die Attribute besser zum Vorschein kommen und unser präferiertes Brühverhältnis für Filterkaffees ebenfalls 1:16,66 ist.

Mahlen

Mahle deinen Kaffee polenta-fein (700-1000 Micron). Dazu kannst du auch wunderbar deine Handmühle benutzen. Reinige die Mühle mit ein paar Bohnen Kaffee, um eventuelle Rückstände in der Mühle zu eliminieren, bevor du die 12gr für die Tasse mahlst.

Trockenes Pulver

Gib das Kaffeepulver in dein Gefäss. Rieche am trockenen Pulver und notiere dir deine Eindrücke. Welche Aromen kannst du erkennen?

Wasser

Auf unserem Youtube Kanal haben wir ein ausführliches Video zum perfekten Kaffeewasser veröffentlicht. Wir empfehlen eine Wasserhärte von 2 - 3 Gesamthärte deutscher Härte und eine entsprechende Alkalinität von 1 - 2 deutscher Härte. Du bist nicht sicher, ob dein Wasser geeignet ist? Hier siehst du, wie du dein Wasser zu Hause testest.

Erhitze das Wasser auf 93-96°. Giess das Wasser über das Kaffeepulver und starte dabei die Stoppuhr. Fülle randvoll auf und achte dabei darauf, dass die gesamten Partikel benetzt werden.

Kruste riechen

Rieche an der sich bildenden Kruste. Bestätigen sich die Eindrücke der Nase? Findest du weitere Aromen?

Kruste brechen

Nach 4 Minuten brichst du mit deinem Löffel langsam die Kruste, indem du die Partikel von vorne nach hinten schiebst. Nicht umrühren, nur nach hinten schieben. Wiederhole dies 3 Mal. Beim Brechen entfalten sich die volatilen Aromen. Diese verflüchtigen sich schnell, weshalb die Bewertung des Aromas sofort vorgenommen werden muss.

Abschöpfen

Mit deinem Löffel kannst du nun die auf der Oberfläche schwimmenden Partikel abschöpfen. Sie beeinflussen das taktile Empfinden und sind dazu noch bitter.

Schlürfen

Nach weiteren 4-5 Minuten schlürfst du den ersten Schluck. Wie bei der Weinverkostung versuchen wir auch beim Cupping, Luft dazu zu geben, damit wir auch die retronasal Aromen wahrnehmen können. So bekommen wir das volle Bouquet und das gesamte Geschmacksbild.

Mit dem ersten Schluck analysieren wir den Geschmack und bekommen einen ersten Eindruck von Körper und Säure. Während des zweiten Schlürfens achten wir auf den Nachgeschmack, die Balance, also die Ausgewogenheit zwischen den anderen Attributen. Mit dem dritten Mal schlürfen achten wir auf die Beständigkeit des Kaffees (wurde er mit dem Abkühlen besser/schlechter/intensiver?) und bewerten den Gesamteindruck.

Wieso verkosten wir Kaffee?

Das Cupping ist die Methode, um Rohkaffee sensorisch zu analysieren und das Potential als Röstkaffee zu bewerten. Je nach Anbaugebiet, Varietät, Ernteprozess, Nachernteprozess und Interesse des Produzierenden schmeckt der Kaffee vollkommen unterschiedlich. Verschiedene Parteien entlang der Wertschöpfungskette haben also verschiedene Gründe, den Rohkaffee auf Herz und Nieren zu überprüfen.

Die Produzenten

Mit dem Cupping überprüfen die Produzenten ihre Arbeit. Wie der Winzer seine Weine während der Reifung immer wieder auf die Qualität überprüft, so macht dies auch die Kaffeeproduzentin - allerdings erst am Schluss des ganzen Prozesses. Am Ende einer langen Reise von Blüte über Processing bis hin zum Rohkaffee steht das Cupping - und entscheidet über Top oder Flop. Die ganze Arbeit auf der Kaffeefarm wird in ein paar wenigen Tassen und in einem einzigen Schluck gespiegelt und zeigt den Produzenten auf, ob sich ihr Einsatz auszahlen wird. Aufgrund des Cupping und des gewonnenen sensorischen Eindrucks, kann die Produzentin nun ihren Kaffee an den Markt bringen. Und weiss bereits für nächstes Jahr, in welchen Schritten sie allenfalls optimieren kann oder ob sich vorgenommene Anpassungen für dieses Jahr bereits ausgezeichnet haben.

Anmerkung: viele Kaffeeproduzenten verkosten ihren Kaffee nicht. Insbesondere Kleinproduzenten haben ihren Kaffee oft nie so getrunken, wie er vom Trader, Röster oder Konsumenten verkostet wird. Es fehlt der Zugang zu Ausbildung und Equipment. Dadurch fehlen vielen Kaffeeproduzenten wichtige Voraussetzungen, um den Wert ihres Kaffees zu kennen und ihn entsprechend am Markt anzubieten.

Die Händler

Die Händler oder Traider handeln mit dem Rohkaffee. Sie sind Dreh- und Angelpunkt in der Kaffeebranche, sei dies im kleinen oder im grossen Stil. Immer mehr Röstereien und Produzierende versuchen jedoch, die Mittelsmänner zu überspringen und ihre Rohkaffees so direkt wie möglich zu kaufen respektive zu verkaufen. Das ist jedoch nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint. Wer Rohkaffee einkauft, ist in vielen Fällen der Mittler zwischen Produzierenden und Röstereien. Das Interesse an der Verkostung liegt darin, den Käuferinnen und Käufer das gewünschte Geschmacksprofil und Qualität zu verkaufen. Bei modernen Händlerinnen geht es dabei schon lange nicht mehr nur um die Qualität, sondern auch um die Nachhaltigkeitsaspekte rund um Mensch und Tier, die mit der Herstellung von Kaffee verknüpft sind. Denn Kaffee bringt viel Balast aus früherer aber auch aktueller Zeit mit. 

Die Röstereien

Die Röstereien legen mit ihrem Profil den entscheidenden Grundstein dafür, ob ihre Kundinnen und Kunden nebst ihrer Philosophie auch die Geschmackspräferenzen teilen und ob sie, je nach ihrem persönlichen Anspruch, auch genau deshalb bei ihnen einkaufen. Anhand des Cuppings entscheidet die Rösterei, welche Kaffees sie für ihre Endprodukte verwenden möchten und wie die Charakteristiken der einzelnen Röstkaffees sein sollen. Wird ein eleganter Espresso mit delikater Säure, Noten von Honig, Karamell und Zitrusfrüchten gewünscht, so sucht das Team einen entsprechenden Rohkaffee aus. Dabei die Rohkaffees zu finden, die sowohl geschmacklich als auch ideell zu einem passen, ist wohl eine der grösseren Herausforderungen einer zeitgemässen Rösterei.

Die Konsumenten

Im Optimalfall trinken wir Kaffee, der uns von den Socken haut. Doch, wie findet man heraus, welcher Kaffee einem am besten schmeckt? Ob man lieber dezente Aromen oder funky Flavors mag? Welcher Nachernteprozess einem am meisten überzeugt? Welche Geschmacksrichtung man zu welcher Zeit gerne geniessen möchte? Ob man überhaupt einen Unterschied zwischen den verschiedenen Varietäten und Ländern riecht, schmeckt und spürt? Eines vorne weg: ja, das wird man. Auch die Konsumentinnen und Konsumenten können also über ein Cupping herausfinden, welche Geschmacksrichtung die ihre ist.

Q-Graderin - der lizenzierte Kaffeeverkoster

Eine Q-Graderin ist eine Person, welche 21 sensorische Prüfungen erfolgreich bestanden hat und so die 3 jährige Lizenz als ausgewiesene Kaffeeverkosterin zugesprochen kommt. Was bei uns nur wenigen ein Begriff ist, ist in gewissen Kaffeeproduktionsländern wie beispielsweise Honduras ein angesehener Beruf - mit weit mehr Lohn als zum Beispiel ein Lehrer oder Lehrerin. Nach Ablauf der 3 Jahre muss diese Lizenz erneuert werden. Die Lizenz wird für Arabica oder Robusta erlangt.

Weitere Informationen zum Q-Grader inklusive Video von Michel und Philipp findest du hier. Bei uns Kaffeemacher:innen sind David, Michel, Benjamin, Philipp und Nadja zum Q-Grader ausgebildet, wovon Benjamin und Nadja sowohl den Q-Grader Arabica als auch Robusta besitzen.

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