Hoher Kaffeepreis: Grund zur Freude, Grund zur Sorge für Kooperativen

Hoher Kaffeepreis: Grund zur Freude, Grund zur Sorge für Kooperativen

Gestern schloss die Kaffeenotierungen an der NY Börse bei 246,75US$/100l ab. Anfang November lag der Preis bei 208US$/100lb und gestern 07.12.2021 - den höchsten Wert in 2021: 252,33US$/100lb. Für die einen ein Grund zur Sorge; für die anderen ein Grund zur Freude.

Dieser Artikel ist ein Gastbeitrag von Kleber Cruz. Kleber arbeitet für die GEPA in Deutschland und wir schätzen sein enormes Wissen und seine Übersicht über den Kaffeemarkt sehr.

Bei dieser Marktlage ist es aus meiner Sicht wichtiger denn je die Verbindung zu den Kooperativen intensiver zu pflegen. Das ist besonders wichtig für diejenigen, die direkt von Produzenten oder Genossenschaften kaufen. Denn auch wenn man es nicht so möchte, drohen sie zwischen den Stühlen unterzugehen, vor allem jetzt in Mittelamerika, wo die Ernte in vollem Gange ist und die Handelsbeziehungen durch Liquiditätsprobleme, Containermangel und vor allem Preisschwankungen stark beeinflusst werden. Die Phasen der Hochpreise dauern ein paar Monate (zwischen 3 bis 7 abgesehen von 2010-2012, wo die Roya die Kaffeeparzellen stark beschädigte) und hatten meisten mit Dürre oder Frost in Brasilien zu tun. Die Phasen der Niedrigpreise dauern Jahren. Das letzte Mal war es im Jahr 2014, als die Kaffeepreise über der magischen Marke von 200US$/100lb lagen, und das auch nur für eine kurze Zeit. In den darauffolgenden Jahren (2015 – 2020) bewegten sich die Durchschnittpreise für Kaffee zwischen 131US$/100lb und 111US$/100lb. Bei solch einem Preisniveau ist bei aller Fantasie kein vernünftiger Kaffeeanbau zu betreiben, der Nachholbedarf an Lebensqualität ist bei den Produzenten immens.

kaffee preischart

Kaffeediagramm vom 10. Dezember 2021, von finanzen.ch

Schwankende Preise, Containermangel und Liquiditätsengpässe sind für viele Organisationen keine schönen Aussichten, vor allem, weil sie aus der Vergangenheit wissen, dass die Identifikation der Produzenten in solchen Zeiten auf eine harte Probe gestellt wird.

In Mittelamerika hat die Ernte längst angefangen und die lokalen Preise sind teilweise höher als die Weltmarktpreise. Aufkäufer, sog. Coyotes aller Größen konkurrieren mit den Kooperativen um den Kaffee der Bauern. Der Coyote geht sogar an die Haustür des Bauern und kauft den ganzen Pergamino ohne irgendeine Qualitätskontrolle, Dokumentation oder ähnliches. Er kauft ohne Aufwand für die Produzenten. Er bezahlt cash und seine Preise liegen oft leicht über den Preisen der Kooperativen.

Kooperativen legen den Aufkaufpreis für den Kaffee auf einer Mitglieder- oder Delegiertenversammlung fest. Einige Kooperativen zahlen zwei Mal: zuerst bei Aufkäufen und dann Monate später eine Abschlusszahlung. Andere Organisationen bezahlen einen Qualitätszuschlag, oft müssen die Kooperativen ihre Preisen an den des Coyoten anpassen, um überhaupt den Pergamino von den Bauern zu bekommen. In einer Kooperative organisiert zu sein, bedeutet Arbeit: Der Bauer muss sich in das Leben der Organisation einbringen, er muss gute Qualität an die Genossenschaft liefern (dafür bekommt er einen besseren Preis), er muss die Aufgaben für die Bio -Zertifizierung und die anderen Qualitätssiegel erledigen, und wenn er noch Microlotes liefert, kostet das natürlich noch mehr Zeit und Arbeit. Das alles fällt bei dem Verkauf an einen Coyoten weg.

Besonders wenn die Preise so angezogen sind, wie in den letzten Monaten und der Nachholbedarf an Lebensqualität der Produzenten immens ist, ist die Verlockung groß, den Kaffee an die Coyotes zu verkaufen. Und tatsächlich entscheiden sich einige Bauern das zu tun. Sie verkaufen an die Coyotes. Angesichts guter Preise werden sie auch zum Coyoten bzw. Aufkäufer von Kaffee von Verwandten, Nachbarn oder anderen Bekannten, die nicht zur Genossenschaften gehören, und geben diesen Kaffee, soweit es möglich ist, an die Kooperative als eigenen weiter.

In diesem Konkurrenzkampf zwischen Kooperativen und Coyoten gehen die Genossenschaften nicht ganz leer aus, sie bekommen lediglich nicht die Menge, die sie brauchen, um die Verträge zu erfüllen und dadurch gute Preise zu erzielen. Und genau dieser Punkt verleitet viele Kaffeekooperativen, selbst Coyote zu werden, d.h. Kaffee von Nicht-Mitgliedern aufzukaufen.

Besonders wenn die Preise so hoch sind wie zurzeit, ist die Verlockung sehr groß für einige Kooperativen Kaffees auf den lokalen Plätzen, ohne irgendeine Zertifizierung zu beschaffen, um bestehende Qualitäten zu strecken und so Verträge zu erfüllen und noch mehr Mengen absetzen zu können. Ob das richtig ist oder nicht, sei dahingestellt. Solche Entwicklungen sind dann nur möglich, wenn die Kaffeebauern für ihren Kaffee über Jahre keinen fairer Preis erhalten haben.

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2 Kommentare

  • Famoses Hintergrundwissen. Auch wenn es nur zur Hälfte erfreulich ist.
    Besten Dank für den tieferen Einblick.
  • Danke Rolf. Wir werden in wenigen Wochen eine Podcast-Reihe starten, welche gerade diese Zusammenhänge noch besser ergründet.

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