QuickMill Orione 3000: Nach zwei Jahren Praxis in WG noch gut?

QuickMill Orione 3000: Nach zwei Jahren Praxis in WG noch gut?

Die Quick Mill Orione 3000 stand schon vor rund zwei Jahren auf unserem Testtisch. Damls hat die Espressomaschine mit einigen Kniffen eine gute Performance als Espressomaschine für den Einstieg geleistet. Eine wichtige Frage ist bei günstigeren Espressomaschinen jedoch immer: wie leisten sie, wenn sie in der alltäglichen Praxis über einige Jahren leisten müssen?

Deshalb verleihen wir interessante Espressomaschinen gerne an WGs. So auch die Quick Mill Orione 3000. Nun ist sie zurück. In diesem Artikel fassen wir kurz die damaligen Ergebnisse zusammen und lassen dann die WG selbst zu Wort kommen.

Kurz vorweg. An unserem Fazit hat sich nichts geändert. Die Quick Mill Orione 300 ist beständig und brüht mit etwas Temperatur-Surfen guten Espresso.

Pros und Contras zur QuickMill Orione 3000

Pros:

  • Solide Verarbeitung, viel Edelstahl und auch nach zwei Jahren im Einsatz noch schön wie am ersten Tag, mit etwas Patina.
  • Schnelles Aufheizen und somit schnell betriebsbereit.
  • Kompakt und gewichtig.
  • Konstant in der Inkonstanz (Temperatur). Dadurch lässt sich aber die Temperatur einschätzen und zügeln.

Contras:

  • Veraltete Milchlanze
  • Schlechtes Temperaturverhalten bei normaler Benutzung
  • Kleine Tropfschale mit dürftiger Abdeckung

Wichtige Tipps für die QuickMill Orione 3000:

  • Ersatz für den Plastiktamper besorgen
  • Bessere Siebe führen zu einer gleichmäßigeren Extraktion. Entweder VST Siebe oder IMS Siebe am Rand platt klopfen oder diesem Tipp folgen, den ein Nutzer bei Youtube geschrieben hat: die 4 Schrauben an der Edelstahl-Brühglocke gegen Senkkopf oder Linsenkopfschrauben tauschen und alle E61 Siebe passen dran. (Werden nur nicht immer dicht da sie nicht oben sondern innen abdichten.)
  • 6 - 8 Sekunden Wasser spülen, um ideale Brühtemperatur zu erreichen
  • Milchschaum-Tipps befolgen
  • Eine gute Espressomühle für den Einstieg verwenden, wie die Sage Smart Grind Pro oder Eureka Mignon Perfetto
vor nach entkalken quick mill orione


Nach dem wir die QuickMill Orione zurück bekommen haben, waren die Temperaturkurven zunächst nicht so, wie vor zwei Jahren. Die Maschine wurde zwar gut gepflegt und auch entkalkt, aber die letzte Entkalkung lag schon etwas zurück.

Deshalb haben wir uns an das Entkalken gemacht und erneut gemessen. Anschliessend konnten wir die gleichen Temperaturkurven nachvollziehen, wie vor zwei Jahren. Dementsprechend gelten auch weiterhin unsere Tipps, wie wir sie in dem folgenden Video geben.

Unser Fazit zur Quick Mill Orione 3000

Die Quick Mill Orione 3000 ist eine gute Wahl für den Einstieg in die Welt der Espressomaschinen, wenn man bereit ist, sich mit ihr auseinanderzusetzen und unsere Tipps befolgt. Ohne Anpassungen wird die Maschine weniger Freude bereiten, aber mit ein wenig Experimentierfreude kann man viel für wenig Geld erhalten. Und dann leistet die Maschine auch nach einigen Jahren noch gute Arbeit, wie unser Test nach zwei Jahren WG-Zeit beweist.

Testbericht QuickMill Orione 3000

Bericht aus der Espressomaschinen-WG Zeit

Seit nun gut einem Jahr steht die QuickMill Orione 3000 bei meiner Frau (Fabienne) und mir (Benjamin) Zuhause und dient uns seither als Kaffeemaschine für Espresso, Cappuccino und sonstige Kaffeegetränke. In dieser Zeit konnten wir die Maschine ausgiebig auf Herz und Nieren oder Thermoblock und Dampflanze testen. Zuvor hatten wir eine occasion Bezzera BZ07 Zweikreiser-Espressomaschine, welche leider kurz vor dem Testaufruf der Kaffeemacher ihren Geist (oder Thermostat) aufgegeben hat.

Die Vorteile einer Thermoblock Maschine liegen auf der Hand: schnell warm, günstig in der Anschaffung und finden mit ihrer oft kompakten Bauform auf jeder Küchenablage ihren Platz. All diese Eigenschaften suchten wir eigentlich bei einer neuen Espressomaschine. Somit war die Freude groß, die Orione nun ein Jahr testen zu können.

Wie bereits im Video der Kaffeemacher angetönt ist, ist nicht alles, was glänzt, auch Gold, und so hat die Orione einige Schwächen. So viel im Voraus – diese blieben auch bei uns nicht unentdeckt – und doch fanden wir den einen oder anderen Trick heraus.

Temperaturstabilität und Geschmack von Espressi

Ich trinke neben Cappuccini auch sehr gerne Espressi, und das dürfen neben klassischen dunkler gerösteten Kaffees auch gerne mal helle und säurebetonte Kaffeeröstungen sein. Im Test der Kaffeemacher wird speziell die Temperaturstabilität und Temperaturkurve kritisiert. Dabei zeigt sich klar, dass die Temperatur mit kurzem Spülen viel zu hoch ist und nur mit einer langen 8-Sekunden-Spülung eine Temperatur von 93 Grad erreicht wird, diese aber während dem Bezug nicht wirklich stabil bleibt.

Testbericht QuickMill Orione 3000 temperatur

Mit diesem Vorwissen bin ich an die Maschine gegangen und konnte tatsächlich einen Unterschied feststellen zwischen langem, kurzem oder keinem Spülen. Unsere Hausröstung ist der Nussknacker, ein Brasilianischer Direct Trade von Bösigers Kafignuss und stammt aus der APAS Kooperative. Zu Beginn mundete mir das Ergebnis bei 8 Sekunden Spülen, und ich habe das auch nicht groß hinterfragt. Doch da ich wusste, dass die Temperaturkurve sehr unterschiedlich sein kann, begann ich zu experimentieren und musste nach einiger Zeit feststellen, dass diese 8 Sekunden doch sehr schwierig sind als Faustregel. Einmal war der Espresso super mit 8 Sekunden, dann war er mit 6 Sekunden oder sogar 4 Sekunden noch besser, und ab und zu schmeckte er bei keiner dieser Zeiten so wirklich. Die Aussage der Kaffeemacher: «Konstant in der Inkonstanz» passt hier tatsächlich sehr gut.

Eine Zeit lang war der Don Roberto Kaffee im Einsatz, ein schwerer, üppiger und fruchtiger Espresso aus El Salvador, geröstet von den Kaffeemachern. Zu meinem Glück konnte ich diesen Espresso in einem der Kaffees der Kaffeemacher degustieren und wusste somit, wie er ungefähr schmecken

Der Kryptonit – Milchschäumen

Grösstenteils trinken wir zuhause Cappuccini, sei das am Morgen nach dem Aufstehen oder wenn wir Besuch haben. Doch genau hier zeigt die Orione eine ihrer grössten Schwächen. Da sie nur über einen Thermoblock verfügt, dauert es erstmal einige Sekunden, bis dieser hochgeheizt ist für Dampf. Wenn anschliessend der nächste Espresso gezogen werden soll, muss der Thermoblock erstmal wieder durch einen längeren Leerbezug runtergeheizt werden, ansonsten ist die Temperatur viel zu hoch.

Wenn dann wenigstens die Power beim Schäumen gut wäre, würde das Hoch- und Runterheizen verziehen werden können. Doch genau bei der Power lässt sich wirklich wenig Gutes über die Maschine berichten. Für die Milchmenge für einen Cappuccino zu schäumen, dauert es über eine Minute, wenn die Milch frisch aus dem Kühlschrank kommt. Manchmal bricht die Power auch komplett zusammen, was auch die Kaffeemacher in ihrem Test mehrmals erleiden mussten, und die Maschine muss erneut hochheizen. Falls man doch auf die Idee kommen sollte gleich die Milch für zwei Cappuccini zu schäumen, geschieht dieser Zusammenbruch der Power eigentlich immer. Davon kann ich also wirklich nur abraten…

Nichtsdestotrotz kann durch das langsame Aufheizen der Milch, das Schäumen sehr gut geübt werden und man kann die Zieh und Rollphase sehr gut trennen. Mit etwas Geduld lassen sich also auch mit der Orione schöne Cappuccini herstellen inkl. Latte Art!

latte art 1

Im Verlauf der Zeit schien die Dampfpower der Maschine zudem immer mehr abzunehmen und während dem Schäumen dampfte es auch ordentlich aus der Brühgruppe heraus. Nach ein wenig Googeln schien das Problem dann gefunden, die Maschine scheint trotz gefiltertem Wasser zu viel Kalk aufgebaut zu haben. Mithilfe des folgenden YouTube-Videos habe ich anschliessend die Maschine entkalkt und legte dabei speziellen Wert auch auf das Drei-Weg-Ventil, welches zwischen der Dampflanze und Brühgruppe sitzt. Wenn dieses Kalk ansetzt, dampft es aus der Brühgruppe raus während dem Schäumen und mit der Zeit schadet das auch dem Ventil. Seit dem Entkalken hat die Maschine mehr Dampfpower denn je und performt nach meinem Empfinden sogar besser als kurz nach dem Abholen. Auch die Probleme mit stagnierender Dampfpower während dem Schäumen sind auf ein Minimum zurückgefallen, wenn man die nachfolgenden Tricks befolgt.

Tipps und Tricks

Schon bevor ich die Maschine bekommen habe, wollte ich unbedingt einen Weg finden, um das von den Kaffeemachern erwähnte Problem mit stagnierender Dampfpower in den Griff zu kriegen. Dafür wendete ich auch viel Zeit auf und spielte einiges mit der Maschine herum, bis ich schliesslich zu folgender Lösung gekommen bin:

Die Lösung für starken Dampf ohne Stagnierung

No stress, die Maschine braucht einfach ein bisschen Zeit. Nachdem ein Espresso gebrüht wurde, heizt die Maschine wieder auf, sichtbar durch das rot leuchtende Lämpchen. Wenn man während dem Aufheizen bereits beginnt mit Ausklappen der Dampflanze und dem Ausblasen, hat der Thermoblock absolut keine Lust und wird dich während dem Schäumen mit einem massiven Dampfabfall bestrafen. Wenn du der Maschine aber Zeit gibst, bis sie hochgeheizt hat (rotes Lämpchen aus), danach nochmals etwa 5-10 Sekunden wartest und erst dann die Dampflanze ausbläst, hatte ich selten bis nie Probleme mit stagnierendem Dampf. Wichtig, dabei darf aber maximal die Milchmenge für einen Cappuccino geschäumt werden, ansonsten funktioniert dieser Trick leider nicht. Zwei Cappuccini aufs mal Schäumen ist somit auch mit diesem Trick leider nicht möglich.

Falls es während dem Aufschäumen trotzdem zu einem Dampfabfall kommt, ist das grösste Problem eigentlich, dass sich der Schaum oben auf der Milch absetzt und keine gute Durchmischung mehr vorhanden ist, weil die Milch nicht mehr schön in der Kanne dreht. Dem kann man entgegenwirken, indem während dem Schäumen die Milchkanne tiefer eingetaucht wird und dann manuell die Milch in Schwung gehalten wird. Das ist nicht sonderlich praktisch und auch nicht wirklich das Ziel der ganzen Sache, jedoch hatte ich mit dieser Technik trotzdem akzeptablen Milchschaum für Latte Art.

Zu guter Letzt, tu deiner Maschine was Gutes und entkalke sie einfach mal! Das ist kein Hexenwerk, doch wenn du dir unsicher bist, dann kannst du sie auch zu einem Fachgeschäft bringen.

Verwenden von anderen Sieben

Von meiner früheren Maschine hatte ich ein VST Präzisionssieb im Einsatz, womit ich sehr zufrieden war und welches ich eigentlich wieder verwenden wollte. Die Orione braucht vom Durchmesser gesehen die klassischen 58mm Siebe, somit scheint dies eigentlich kein Problem zu sein.

Aber Halt. Klassische 58mm Siebe haben einen gebogenen Rand (links im Bild).

Nachdem mir die Orione die Ablage mit Wasser und Kaffee vollgespritzt hat, merkte ich, dass die Orione zwingend ein Sieb mit flachem Rand benötigt, weil ansonsten der Dichtring zusammen mit dem Sieb den Druck nicht halten kann. Na ja, für fast jedes Problem hat das Internet eine Lösung parat und auch hier war es nicht anders. Im Forum Kaffee-Netz fand ich relativ schnell Besitzer mit dem gleichen Problem. Ein User berichtete dann, dass er einfach den Rand des normalen 58mm Siebes mithilfe einer Flachzange und einem Hammer umgebogen hat. Der Plan war klar, das muss probiert werden! Nach kurzem Biegen und Hämmern war der Rand flach und ich konnte mein frisch gekauftes und modifiziertes Sieb (rechts im Bild) fast ohne Probleme in der Orione verwenden!

Siebe

Zu Beginn drückte es noch ein wenig Wasser raus, welches aber nur langsam am Kolben und Griff herunterfloss. Nachdem ich den Sieb Rand nochmals ein wenig gleichmäßiger flach gemacht habe, war aber auch dieses Problem gelöst.

Allgemeines Fazit

Die QuickMill Orione 3000 hat mir während dem Testen viel Spaß bereitet und viele leckere Kaffees produziert! Es gab einige Probleme, die es zu bewältigen gab, aber für (fast) alles gab es am Ende eine Lösung. Ein Problem, welches jedoch nur mit großem Fachwissen oder von QuickMill selbst gelöst werden kann, ist das fehlende Überdruckventil. Leider verfügt die QuickMill über kein solches Ventil, weswegen der Druck beim Bezug zu Beginn sehr hoch ist und dann langsam abflacht. Vermutlich führt auch das bei Espressi zu den beschriebenen unterschiedlichen Ergebnissen. Denn auch wenn die Mühle sauber eingestellt ist und das Kaffeemehl mit dem gleichen Druck festgedrückt wurde, das Ergebnis wird doch immer ein wenig anders sein durch den variierenden Druck.

Für mich bedeutet eine Siebträger Maschine ein stetiges Streben nach dem perfekten Kaffee/Espresso/Cappuccino. Doch diesen konnte ich mit der QuickMill leider nie wirklich erreichen. Außer Frage waren die Espressi und Cappuccini teilweise sehr gut, die ich getrunken habe, aber nach einem Jahr fühlt es sich an, als habe ich die Maschine ausgereizt und als gibt es keine Möglichkeit mehr, meine Ergebnisse zu verbessern.

Ich persönlich würde diese Maschine nur bedingt weiterempfehlen und auch persönlich nicht kaufen oder weiterhin brauchen. Sie hat mir Spaß bereitet und doch braucht es nun eine neue Herausforderung. Das Thema Flow-Profiling und auch das Spielen mit unterschiedlichen Temperaturen interessieren mich sehr. Doch das kann mir die Orione beides nicht bieten. Auch für Einsteiger finde ich die Maschine insgesamt problematisch, da nach meiner Erfahrung nur eine bedingte Reproduzierbarkeit möglich ist und es einiges an Herumexperimentieren braucht, um einen guten Espresso/Cappuccino zu produzieren. Wenn aber Geld ein stark limitierender Faktor ist, kann die Maschine bestimmt in Betracht gezogen werden und ist meiner Meinung nach auch als Occasion Maschine sicherlich eine valide Option.

Zum Schluss möchte ich den Kaffeemachern herzlich danken für diese Möglichkeit, freue mich auf viele zukünftige Testvideos und wünsche ihnen weiterhin viel Erfolg!

Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann ist Gründer der Kaffeemacher GmbH. Er war bis Ende 2016 neun Jahre teilhabender Geschäftsführer und Wirt im Kaffeehaus unternehmen mitte. Mit der Kaffeemacher-Akademie, dem Spezialitäten-Café frühling im Kleinbasel und dem Kaffee-Mobil hat er in Basel Massstäbe in Sachen Kaffee gesetzt. In den letzten Jahren sind zum Kaffeemacher-Universum die Kaffeefarm Santa Rita sowie unsere Rösterei hinzu gekommen. Benjamin ist Co-Geschäftsführer der Kaffeemacher verantwortlich für Finanzen, Strategisches und Öffentlichkeitsarbeit. Als Sensoriker und Berater unterstützt er ausserdem Unternehmen und Projekte. Er ist Dozent an der ZHAW Wädenswill im Bereich Kaffee und als Vortragsredner international im Einsatz.

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