Kaffeemacher:innen-Rösterei - Unser CO₂-Fussabdruck

Kaffeemacher:innen-Rösterei - Unser CO₂-Fussabdruck

Letztes Update: 3. Okt. 2024

Im Zentrum unserer Untersuchung steht die Messung und Feststellung unseres CO₂-Fußabdruckes. Für das Jahr 2022 haben wir erstmals die Emissionen unserer Rösterei gemessen. Nun liegen die Ergebnisse für 2023 vor.

  • Wo entstehen Emissionen?
  • Warum entstehen Emissionen?
  • Welche Alternativen gibt es?
  • Wo lohnt es sich zu investieren, um schnell Veränderungen herbeizuführen?

Unser Röstvolumen in Basel ist 2023 auf 67 Tonnen Rohkaffee gestiegen. Das erhöhte den absoluten CO₂-Fußabdruck. Weil wir aber in unseren Prozessen effizienter geworden sind, sind die Emissionen pro Kilogramm Rohkaffee geringer als im Vorjahr.

Wie haben wir gemessen?

Wir haben unsere relevanten Daten erfasst, mithilfe der Ecoinvent-Datenbank CO₂-Äquivalent zugeordnet und das ganze von carbotech verifizieren lassen. Den Datensatz haben wir in einen CO₂-Rechner für Röstereien gegossen. Diesen Rechner stellen wir euch zur Verfügung, meldet euch gerne, wenn auch ihr Gewissheit über eure Emissionen haben möchtet.

In diesem Artikel findet ihr mehr Details zu unserem Rechner.

Unsere Daten haben wir zusammen mit carbotech geprüft und verifiziert. 

INFO: Wer ist carbotech?

Seit der Gründung im Jahr 1987 hat sich das Unternehmen auf Umweltfragen spezialisiert. Es bietet Analyse- und Beratungsdienstleistungen für Unternehmen und Organisationen an, misst Schadstoffe in der Luft und begleitet die Sanierung von schadstoffbelasteten Gebäuden. Darüber hinaus liefert das Unternehmen seinen Kunden Entscheidungsgrundlagen wie Ökobilanzen oder Stoffflussanalysen. Es begleitet auch internationale Umweltprojekte und erarbeitet Umwelt- und Nachhaltigkeitskennzahlen für Firmen und Behörden.

Zuordnung der Daten

Die Daten werden nach GHG Protocol erfasst und zugewiesen. Da wir uns in der Verantwortung auch für die indirekten Emissionen sehen und allen Emissionen, die entlang der Wertschöpfungskette stehen. Spielte es für uns eine untergeordnete Rolle, in welchem “Scope” die Emissionen anfallen. Denn dort, wo wir nicht direkt die Emissionen verursachen, können wir durch die Wahl von Alternativen Einfluss nehmen.

  • Scope 1 umfasst die direkten Emissionen. In unserem Fall ist das das Verbrennen von Gas beim Rösten und das Verbrennen von Diesel in unserem Fahrzeug. 
  • Scope 2 umfasst die indirekten Emissionen, die wir direkt am Standort verursachen. Wie heizen und der Stromverbrauch.
  • Scope 3 umfasst Emissionen, die in Zusammenhang mit dem Unternehmen stehen, aber nicht komplett in unserer Kontrolle liegen. Man unterscheidet hier auch noch in "Upstream" und "Downstream". 
    • Upstream-Emissionen entstehen während der Produktion von Waren oder Dienstleistungen, die ein Unternehmen kauft oder verwendet.
    • Downstream-Emissionen treten nach der Produktion von Produkten oder Dienstleistungen eines Unternehmens während der Nutzung oder Entsorgung auf.

Berechnung 2022

Kategorie Scope 1 Scope 2
Scope 3
Bereich
  • Prozessgas
  • Fuhrpark
  • Strom
  • Heizen
  • Kaffeeverpackung
  • Versandverpackung
  • Geschäftsreisen
  • Arbeitswege
  • Müll
Emissionen CO2e [kg CO2e] 5.281,40
1.107,51
15.733,09


Berechnung 2023

KategorieScope 1
 Scope 2
Scope 3
Bereich
  • Prozessgas
  • Fuhrpark

  • Strom
  • Heizen

  • Kaffeeverpackung
  • Versandverpackung
  • Geschäftsreisen
  • Arbeitswege
  • Müll
Emissionen CO2e [kg CO2e]
6.686,46
481,15
20.505,45


Warum wir den Rohkaffee nicht mit einbeziehen

Wir berücksichtigen den Rohkaffee bewusst nicht in unserer CO₂-Berechnung für die Rösterei, sondern betrachten unsere Kaffees gesondert. Der Anbau kann bis zu 90% der Emissionen ausmachen, bei der Ernte von 2022 auf unserer Finca Santa Rita, machte der Anbau über 62% aus (nimmt man den Transport bis zu unserer Rösterei dazu, waren es 84%). Daher betrachten wir jeden unserer Kaffees im Einzelnen und Jahr für Jahr aufs Neue.

Denn nicht nur jeder Kaffee ist anders, sondern auch jede Ernte. Unterschiedliche Wetterbedingungen beeinflussen den Bedarf an Dünge- und Pflanzenschutzmitteln, so wie der Ertrag.

Dort wo die meisten Emissionen entstehen, wollen wir genauer hinschauen und nicht einen Durchschnittswert für unsere Kaffees kommunizieren, sondern diese jährlich angepasst und neu berechnet veröffentlichen, um die Unterschiede transparent zu machen.

Denn auch wenn, abgesehen von Santa Rita, die Emissionen nicht in unserer Hand liegen, kaufen und verkaufen wir diesen Kaffee und somit liegt die Verantwortung der Emissionen bei uns.

Wir haben für unsere Finca Santa Rita für die Ernte 2022 einen Fußabdruck von 1,57 kg CO2e pro kg exportfähigem Rohkaffee berechnet. Eine oft zitierte Studie* weist 10,44 kg CO2e für 1 kg konventionellen brasilianischen Rohkaffee aus. Eine andere Studie**, die 116 Farmen mit unterschiedlichen Anbauweisen vergleicht ("Traditional polyculture", "Commercial polyculture", "Shaded monoculture", "Unshaded monoculture") kommt im Schnitt auf 3,7 kg CO2e je kg Rohkaffee. Vergleicht man die verschiedene Werte je Farm werden Zahlen zwischen 3,3 kg und 18,8 kg CO2e / kg Rohkaffee genannt.

Diese Bandbreite ist viel zu weit, eine präzise Berechnung ist unmöglich. Stattdessen sind wir im Austausch mit Farmen, Organisationen und Unternehmen, die sich mit der Berechnung von CO₂ Fußabdrücken beschäftigen.

Wir sehen auch bei unseren Emissionen der Rösterei fällt auf, dass die Schwankungen vorhanden sind. Daher ist es wertvoll jedes Jahr aufs neue unsere Emissionen zu berechnen und zu vergleichen. Um uns so stetig zu verbessern.

Unser Unternehmen wächst und unsere Emissionen wachsen mit.

Wir betrachten nun im zweiten Jahr die Emissionen, die direkt mit unserer Rösterei in Verbindung stehen. Also alles Relevante, was zwischen der Anlieferung des Rohkaffees und der Auslieferung des gerösteten Kaffees passiert. 

Unser CO₂-Fußabdruck 2023

Roesterei Ueberblick 2023-PieChart

Die detailierte Berechnung findest du hier.

Der CO₂-Fußabdruck unserer Kaffeerösterei in Basel betrug 2023 insgesamt 27,673 Tonnen CO₂e, was etwa 5,5 Tonnen (8,3 %) mehr als im Vorjahr ist. Bei einer Steigerung des Produktionsvolumens um 17,2 Tonnen Rohkaffee. Damit kommen wir auf 0,42 kg CO2e je kg Rohkaffee. 2022 waren es 0,45 kg CO2e je kg, was hauptsächlich an der gesteigerten Produktion liegt.

86% der Emissionen der Rösterei fallen auf 3 Kategorien:
  1. Geschäftsreisen (41,7%)
  2. Kaffeeverpackung (23% - mit Versandverpackung wären es 28,1%)
  3. Prozessgas (21,3%)

Geschäftsreisen

Auch im Jahr 2023 waren die Flugreisen und damit verbundenen Geschäftsreisen der größte Emissionsfaktor für unsere Rösterei. Zwei Flüge nach Brasilien, einschließlich Inlandsflügen, dienten dem Ausbau unserer Partnerschaft mit APAS, dem Kennenlernen von Farmerscoffee sowie einem Besuch bei der IFES-Universität und dem Forschungszentrum von Lucas Lousada. Zudem reiste eine Person nach Nicaragua, um die neue Ernte unserer Farm zu verkosten und weitere Farmen zu besuchen.

Beziehungsaufbau und -pflege ist ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit. Aus gesunden Beziehungen kann Gutes gedeihen. Wir sind mit unseren Partnern regelmässig in Kontakt, doch um langjährige Partnerschaften aufzubauen, diese zu pflegen, Werte abzugleichen und das Vertrauen zu stärken, braucht es persönliche Treffen. Unsere Partner besuchen uns, oder wir sind vor Ort - aus diesen Begegnungen entspringen viele Ideen und wir entwickeln gemeinsame Visionen. Deshalb werden wir weitere Geschäftsreisen unternehmen, limitieren diese aber so gut wie möglich.

Kaffee- und Versandverpackung

Die Kaffeeverpackung verursacht die zweithöchsten Emissionen, in der Betrachtung der Rösterei-Emissionen. Rechnen wir noch die Versandverpackung hinzu, dann macht die Verpackung 2023 mehr als ein Viertel des Fußabdrucks der Rösterei aus.

Wir haben 2022 auf Mono-PE Beutel umgestellt (Hier gehts zum Artikel), mussten jedoch aufgrund von Qualitätsproblemen wieder zu den vorherigen Beuteln zurückkehren. Das erhöht die zugeschriebenen Emissionen sowohl insgesamt als auch anteilig.

Die Werte täuschen jedoch, denn wenn man das gesamte Leben eines Kaffeebeutels betrachtet, müssen für die thermische Verwertung nochmals ca. 2,7 kg CO2e/kg Verpackung*** berücksichtigt werden. Dadurch verdoppeln sich die Emissionen nahezu.

Zusätzlich muss erwähnt werden, dass die zugrundeliegenden Daten sich auf die Emissionen für die Herstellung der Folien für unsere Beutel beziehen. Kleber, Farben, Zipper und Ventil werden zwar auf die Masse bezogen berücksichtigt, jedoch fehlt die Fertigung der Beutel mit diesen Extras.

Vor allem die Herstellung von Blockbodenbeuteln erfordert einen hohen Energiebedarf und sehr große Fertigungsanlagen. Je nach Fertigungsstandort, Bedruckung und Farbwahl kann der Wert um bis zu 1 kg CO2e/kg Verpackung zu niedrig angegeben sein.

Dazu kommen noch die Kartons, in denen wir den Kaffeebeutel versenden. Diese beinhalten nicht die Kartons, mit denen wir die Kaffees zu euch nach Hause schicken. (Diese Kartons fallen bei uns im Shop an und sind daher nicht berücksichtigt.)

Prozessgas

Damit ist das Gas gemeint, das wir zum Rösten für das Betreiben des Rösters benötigen. Dieser Verbrauch ist natürlich an das Röstvolumen gekoppelt. Rösten wir mehr, steigt der Verbrauch. Wir rösten mit 100% Biogas. Auch wenn wir für Biogas bezahlen und Biogas für die Emissionsberechnung berechnen, wissen wir, dass wir nicht Biogas verbrennen. Denn mit seinem Beitrag bezahlt man, dass die verbrauchte Menge eingespeist wird. 

Was machen wir mit dem Ergebnis? 

Im Verhältnis zur gesamten Kette ist der CO₂-Abdruck der Rösterei von geringem Gewicht. Setzen wir die Rösterei mit dem Anbau in ein Verhältnis, so liegt der Anteil bei ca. 15% bezogen auf die Ernte von Santa Rita (aufs kg gerösteten Kaffee gerechnet). Uns wurde durch die Untersuchungen jedoch auch deutlich, wie viel wir auch hier verbessern können.

Man sollte hervorheben, dass davon wiederum nur 30% auf Scope 1 & 2 anfallen. Zu oft fokussieren sich Unternehmen auf die Kommunikation von Scope 1 und 2 - doch das sind im Vergleich zu Scope 3 “low hanging fruits”: Emissionen, die man durch einen bewussten Entscheid schnell verändern kann.

Seit 2023 sind EU-Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeiter dazu verpflichtet, Ihre Emissionen zu erfassen und zu berichten. Das betrifft uns nicht und voraussichtlich die wenigsten Nano- bis Meso-Röstereien.

Das ist für uns aber nicht der antreibende Faktor. Wir wollen als Unternehmen lernen und uns für die Zukunft bereit machen. Wir möchten gemeinsam mit anderen sozial-ökologischen und zukunftsorientierten Unternehmen aufzeigen, wie die Kaffeebranche selbst die Reduzierung des CO₂-Fußabdrucks vorantreiben kann.

Aus den Ergebnissen leiten wir Handlungsziele ab. Wir markieren einfache, zu erreichende Ziele und beginnen Projekte, um die größeren Herausforderungen unserer Branche anzugehen. Dazu gehört z. B eine Emissions-verbesserte Kaffeeverpackung.

Verbesserungen im Kleinen von 2022

  • Kaffeesatz und Silberhäutchen geben wir nun der Ratschaft, einem Quertierverein, der daraus Kompost herstellt.
  • Wir verwenden stabilere Versandkartons, die wir zwischen unserem deutschen und schweizer Standort versenden und wieder verwenden können.
  • Versandkartons, die nicht mehr gebraucht werden, werden verschenkt
  • Kaffeesäcke werden für Upcycling-Projekte angebote

Bemühungen im Großen (Anmerkungen 2023)

Ein Großprojekt ist eine möglichst nachhaltige Kaffeeverpackung. Dazu werden wir weitere Artikel veröffentlichen.

Derzeit prüfen wir die Umsetzung einer Solaranlage auf dem Dach unserer Rösterei mit Statikern und Stadt.

Anmerkung 2023

Das “Großprojekt: Die beste aller Kaffeeverpackung” ist in den letzten Zügen. 2025 werden wir eine neue Verpackung haben. Es ist keine nachhaltige Verpackung, aber eine nachhaltigere. Wir haben getestet, gemessen, verkostet und reduziert, so gut es geht. Und wir wissen, es ist nur ein Schritt von vielen. Wir müssen uns weiter umschauen, kritisch hinterfragen und versuchen zu verstehen. Nur so können wir Qualität und Nachhaltigkeit verbessern.

Wie 2022 angekündigt, schmückt unser Dach seit Januar 2024 eine Solaranlage, die unseren Stromverbrauch bei gutem Wetter decken kann und trotzdem noch ins Netz einspeist. Sobald wir mehr Daten haben, können wir abschätzen, wie viel unseres Strombedarfs gedeckt werden kann.

Kritik an der CO₂-Betrachtung

Der Fokus auf CO₂-Emissionen kann kritisiert werden, da andere Umweltauswirkungen außer Acht gelassen werden. Beispielsweise kann ein hoher CO₂-Ausstoß auch zur Verschmutzung von Gewässern und Böden führen. Und weitere Umweltauswirkungen, wie die Reduzierung der Artenvielfalt oder die Emission von anderen Schadstoffen, werden bei der CO₂-Betrachtung nicht berücksichtigt.

Eine umfassende Umweltbewertung sollte daher verschiedene Umweltkategorien berücksichtigen und den Lebenszyklus eines Produkts betrachten. Nur so kann eine fundierte Aussage über die tatsächliche Umweltauswirkung getroffen werden. Wir werden daher in Zukunft immer wieder die Methode der ökologischen Knappheit**** heranziehen, um auf Bereiche aufmerksam zu machen, die mit der reinen CO₂-Betrachtung nicht ersichtlich sind. 

Quellen

Life cycle assessment synthesis of the carbon footprint of Arabica coffee: Case study of Brazil and Vietnam conventional and sustainable coffee production and export to the United Kingdom

**  HAL - Carbon footprints and carbon stocks reveal climate-friendly coffee production

*** DIW - Recycling

**** Methode ökologischer Knappheit

Tobias Milz
Tobias Milz
Tobias Milz koordiniert den Nachhaltigkeits-Bereich der Kaffeemacher:innen. Er sammelt und erarbeitet Wissen, mit dem wir selbst mehr über den Fußabdruck des Kaffees entlang der Kaffeekette lernen. Das ermöglicht, dass wir selbst besser werden. Gleichzeitig stellen wir alles was wir lernen dem Markt zur Verfügung, um eine sozial-ökologische Transformation der Kaffeebranche voran zu treiben. Tobias ist aber auch ein Allrounder: als gelernte Koch ist er auch an der Sensorik-Front unseres Unternehmens aktiv und als Programmierer schmiert er unsere Schnittstellen. Ein bunter Fähigkeiten-Mix, angetrieben durch Neugier und eine ordentliche Portion Kaffee-Begeisterung.

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