Eureka Mignon Libra 65 All Purpose im Test

Eureka Mignon Libra 65 All Purpose im Test

Die Eureka Mignon Libra 65 All Purpose kombiniert erstmals bei Eureka eine integrierte Waage („Grind-by-Weight“) mit 65-mm-Mahlscheiben – ein spannendes Konzept für Home-Baristas. Sie verspricht konstant genaue Dosierung auf Knopfdruck und soll sowohl Espresso als auch Filterkaffee meistern. Wir haben die Mühle über mehrere Wochen intensiv im Alltag getestet – in der heimischen Küche, in unserer Kaffeeschule und im Labor. Im Fokus standen Verarbeitung und Design, Totraum (Retention), Mahlqualität in der Tasse sowie Bedienung und Besonderheiten. Am Ende wisst ihr, ob die Libra 65 All Purpose die richtige Mühle für euch zu Hause ist.

Design

Die Eureka Mignon Libra 65 All Purpose präsentiert sich in dem bekannten kompakten Mignon-Design – einem kantigen Würfel mit ca. 39 cm Höhe, 12,4 cm Breite und 19,2 cm Tiefe. Durch die integrierte Waage in der Front unterscheidet sie sich von den vielen anderen Eureka Mignon Mühlen.

Unter dem Auswurfschacht befindet sich eine stabile Plattform bzw. Gabel, auf der der Siebträger oder ein mitgelieferter Metall-Dosierbehälter Platz finden. Unser Testgerät in Ferrarot wirkte gradlinig elegant; alternativ bietet Eureka auch Weiß, Grau, Schwarz sowie Sonderfarben (Chrom, Dunkelblau) an. Das klare Touch-Display auf der Front zeigt die Zielmenge in Gramm an und fügt sich dezent ins Design ein. Insgesamt ist die Libra eine Mignon, oder halt eben eine Eureka, wie die zahlreichen anderen Modelle des Herstellers. Unverkennbar, ein wenig langweilig, aber immer als Eureka zu erkennen. Wenn man es nicht weiß, fällt die Wiegevorrichtung nicht auf.

Verarbeitung

Die Verarbeitungsqualität der Libra 65 All Purpose überzeugt im Test. Das Gehäuse besteht zum großen Teil aus Metall (Aluminium-Druckguss) und fühlt sich robust und wertig an. Alle Teile sind passgenau, nichts wackelt oder klappert. Mit 6,5 kg Gewicht hat die Mühle eine solide Standfestigkeit– wichtig, damit sie beim Mahlen nicht verrutscht.

Der Bohnenbehälter fasst etwa 350 g und sitzt fest in der Aufnahme. Auffällig ist das neue große Mahlgrad-Einstellrad an der Oberseite: Es besteht aus Aluminium, bietet guten Grip und dreht sich geschmeidig. Eureka hat hier einen deutlichen Sprung gemacht – frühere Mignon-Modelle hatten ein winziges, fummeliges Rad, das viele Nutzer genervt hat. Jetzt haben wir ein „King-Size“-Rad mit Skalierung, das sogar Umdrehungen mitzählt. Diese patentierte Lösung erlaubt es, Verstellungen sehr präzise vorzunehmen und später exakt wieder zum Ausgangspunkt zurückzukehren – ideal, um zwischen Zubereitungsarten zu wechseln, ohne den Faden zu verlieren. Insgesamt hinterlässt die Verarbeitung der Libra 65 einen hochwertigen Eindruck, wie man ihn in dieser Preisklasse (~700–800 € je nach Variante) erwarten darf.

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Totraum

Beim Thema Totraum (Retention) punktet die Libra 65 All Purpose mit Verbesserungen gegenüber dem Vorgängermodell. Eureka hat die Mahlkammer verkleinert und die obere Mahlscheibe nun „blind“ von hinten verschraubt – dadurch gibt es keine sichtbaren Schrauben im Mahlbereich, wo sich Kaffeemehl ansammeln könnte. In unserem Test messen wir einen gesamten Totraum von ca. 2,1 g, wovon rund 1,5 g temporär sind. Temporär bedeutet: bei jedem Mahlvorgang werden etwa 1,5 g alter Kaffee durch frischen ersetzt, der Rest (ca. 0,5–0,6 g) bleibt als permanenter Totraum in Ecken zurück. Dieser Wert ist sehr gut für eine Hopper-Mühle mit Bohnentrichter. Zum Vergleich: Viele klassische Espressomühlen haben 3 g oder mehr Totraum. Dank der cleveren Konstruktion hat Eureka trotz größerer Mahlscheiben den Retentionswert sogar unter den des Vorgängers gedrückt – eine erfreuliche Entwicklung.

Dennoch darf man nicht vergessen, dass eine Waagen-Mühle immer mit vollem Mahlwerk arbeitet. Wer also einmal täglich einen Espresso bezieht, hat beim ersten Bezug am nächsten Tag zwangsläufig einen kleinen Anteil alten Kaffees im Puck (die erwähnten ~0,6 g). In der Praxis ist das kaum störend, kann bei sehr feinen Sensorik-Nasen jedoch einen Hauch an Frische kosten. Wer absolut jeden Gramm frisch möchte, greift eher zu einer Single-Dosing-Mühle. Für den üblichen Heimgebrauch ist der Totraum der Libra aber kein Problem – im Gegenteil, im Alltag merkt man positiv, dass Eureka hier daran gearbeitet hat.

Eureka Libra All Purpos

Mahlqualität

Wichtig ist am Ende, was in der Tasse landet – und hier hat uns die Libra 65 positiv überrascht. Die neuen 65-mm-Flachmahlscheiben sind als „All Purpose“ ausgelegt. Ein schmales Hauptpeak (142 µm!) steht einem relativ geringen Feinstpartikelanteil von 27–28 % gegenüber. Das schmale Hauptpeak trägt zu klaren und komplexen Tassen bei, während der Feinstanteil insbesondere für die Espressozubereitung wichtig ist, um genügend Widerstand im Siebträger aufzubauen.

Unser Ziel: Espresso mit genügend Körper und klar definierte Filterkaffees – ohne Überextraktion durch Feinstpartikel. In der Praxis gelingt dieser Spagat gut. Die Herausforderungen liegen, wie so oft, im Detail – und werden durch die Kaffeeauswahl mitbestimmt.

Wollt ihr mehr darüber lernen, was die Partikelverteilung ausmacht, und die beiden oben gezeigten Kurven bedeuten? Dann liefert der Artikel über Partikelverteilungen die Erklärung.

Espresso

In unseren Blindverkostungen haben wir hervorragende Espressi gebrüht. Das Brühverhalten unterscheidet sich allerdings deutlich von klassischeren Espresso-Mahlscheiben mit höherem Feinanteil und etwas breiterem Hauptpeak. Aufgrund des geringeren Feinstanteils muss der Mahlgrad zur Espressozubereitung fein gewählt werden. Der x50 liegt zwar nicht auffällig tief, dennoch verhält sich die Extraktion so, wie man es von Mahlscheiben mit sehr niedrigem x50 kennt.

So dauert es zunächst 10 bis 12 Sekunden, bis die ersten Tropfen aus dem Siebträger laufen. Danach steigert sich der Fluss schnell, die Gesamtdurchlaufzeit bleibt aber kurz. Teilweise floss der Espresso nur 12 bis 16 Sekunden – mit sehr guten Ergebnissen.

Dieses Brühverhalten macht eine gleichmäßige und sehr saubere Puckvorbereitung absolut notwendig. Das gelingt mit dunkleren Röstungen einfacher. Wir haben kräftige, süße Shots mit vollem Körper und dennoch klarer Aromatik getrunken. Helle Röstungen zeigten eine erstaunliche Komplexität – mit leichtem Verlust an Cremigkeit und Körper.

Ein Fingerzeig in Sachen Konstanz: Nach dem Dial-in konnten wir mehrfach zum exakt selben Mahlgrad zurückkehren – und erzielten dabei sehr reproduzierbare Ergebnisse. Die Partikelgrößenverteilung zeigte nur minimale Abweichungen im Hauptpeak bei Wechseln zwischen Einstellungen – ein Unterschied von lediglich Micron ~6 µm! Das spricht für die Präzision der Mahlgradverstellung und die Stabilität des Mahlwerks.

Filterkaffee

Auch grobe Mahlgrade meistert die Libra 65 besser als viele klassische Espressomühlen. Für unseren Test haben wir verschiedene Filterkaffees gebrüht. Neben unserem Klassiker Amigo zeigt sich für mich die Qualität einer Mühle am besten, wenn ich Ichamama zubereite – jenen Kaffee, mit dem ich 2014 Schweizer Filterkaffee-Meister wurde und den wir seither jedes Jahr im Sortiment haben.

Das Mahlen auf Filtergröße erforderte eine deutliche Verstellung – knapp zwei volle Umdrehungen am Einstellrad – funktionierte aber problemlos. Nach jeder Mahlgradänderung empfehlen wir, einige Gramm auszumahlen, um den Totraum zu leeren und die Mühle vollständig auf den neuen Mahlgrad einzustellen.

Der gebrühte Filterkaffee überraschte uns mit einer sehr klaren Tasse und angenehmer Süße. Die All Purpose-Mahlscheiben lieferten einen der besten Filterkaffees, den wir bisher mit einer „Espressomühle“ zubereitet haben. Wir würden solche Filterkaffees jederzeit gerne trinken.

All Purpose bzw. Allzweck?

Allerdings zeigte unser Test auch die Grenzen des Allround-Konzepts: Die Libra 65 kann zwar Espresso und Filter – aber nicht im Minutentakt abwechselnd. Hat man sie einmal auf Espresso eingestellt und möchte spontan eine Tasse Filterkaffee brühen, muss man den Mahlgrad stark verstellen, einige Gramm opfern und die Waage neu tarieren. Das Wechseln „on the fly“ ist in der Praxis unpraktisch.

Insofern ist die All Purpose-Fähigkeit nicht auf spontane Flexibilität ausgelegt. Die Mühle kann zwar Espresso und Filterkaffee, wahrscheinlich macht es aber Sinn, sich auf einen Haupteinsatzzweck festzulegen. Nur gelegentlich wird man im Alltag auf den anderen Stil ausweichen. Für häufige Wechsel wäre eine Single-Dosing-Mühle – vielleicht ebenfalls mit All Purpose-Mahlscheiben – die bessere Wahl.

Eureka Libra Pro Material

Bedienung

In der Bedienung zeigt sich die Libra 65 als größtenteils erfreulich unkompliziert, hat aber auch ein paar Eigenheiten und Probleme. Zunächst das Positive: Das Touch-Display reagiert schnell und intuitiv. Man kann bequem zwischen zwei speicherbaren Mengen (z.B. Single und Double) umschalten oder auch manuell mahlen. Die Anzeige der Zielmenge in 0,1 g-Schritten ist klar ablesbar. Ein besonders großer Pluspunkt ist, dass Änderungen am Mahlgrad nicht die ausgegebene Menge beeinflussen – die Waage steuert dynamisch dagegen und wiederholt die Mengenausgabe. Für alle, die neu im Espressohobby sind, ist das ein Segen: Man kann den Mahlgrad frei verstellen, und es kommen trotzdem wieder z.B. 18,0 g in den Siebträger. Bei zeitgesteuerten Mühlen muss man nach jeder Mahlgradänderung die Zeit neu justieren oder händisch nachwiegen, was den Einstellprozess kompliziert. Gröberer Mahlgrad führt zu mehr Kaffee, feinerer Mahlgrad zu weniger. Die Libra nimmt einem diese Sorge ab – das macht richtig Spaß und erleichtert das Experimentieren.

Auch das neue Mahlgrad-Einstellrad trägt zur guten Bedienbarkeit bei. Durch seine Größe und die eingebaute Umdrehungsanzeige können wir sehr feinfühlig justieren. Im Test haben wir z.B. nach dem Espresso-Bezug den Mahlgrad für Filter auf grob verstellt und später exakt wieder auf die Espresso-Markierung zurückgedreht – die nächsten Shots waren tatsächlich wieder nahezu identisch zur ursprünglichen Extraktion. Diese Reproduzierbarkeit hat uns beeindruckt. Mit mancher Mühle braucht es Mut und Souveränität, den einmal gefundenen „Sweet Spot“ zu verlassen, aus Angst, ihn nie wiederzufinden – mit der Libra 65 ist dieses Problem praktisch gelöst.

Mengengenauigkeit

Natürlich haben wir auch geschaut, wie präzise die integrierte Waage wirklich dosiert. Unsere Erfahrung: Nach korrekt durchgeführter Kalibrierung ist die Waage sehr zuverlässig. Über viele Bezüge hinweg pendelten die ausgegebenen Mengen um ±0,1 g um den Zielwert, teilweise trafen sie ihn auf’s Zehntel genau. Diese Genauigkeit erreicht die Mühle allerdings nicht sofort in jeder Situation. Wir beobachteten, dass sie bei einem neuen Kaffee zunächst 2–3 Bezüge „lernt“: Die ersten Shots mit einer frisch eingefüllten Bohne lagen etwa 0,5 g neben dem Soll (z.B. 17,5 g statt 18 g). Nach ein paar Läufen spielte sich das System ein und traf dann konstant das Ziel. Eureka scheint hier eine Art adaptiven Algorithmus einzusetzen, der den Auslauf korrigiert – das dauert einen Moment. Wichtig: Startet man jeden Tag mit leerem Hopper und abgewogenen Bohnen (wie bei Single Dosing), arbeitet die Waage nicht optimal. Die Libra ist für den Betrieb mit ständig gefülltem Bohnenbehälter gedacht – nur dann kann sie „lernen“ und wirklich präzise stoppen. Im normalen Gebrauch (ein Bohnensorte im Behälter über längere Zeit) hatten wir jedoch keinerlei Probleme und konnten uns voll auf die eingestellte Grammzahl verlassen.

Leider gab es in puncto Bedienung auch ein kleines Aber: Im Test ist es vereinzelt vorgekommen, dass die Waage eine Fehlermeldung zeigte. Das Display blinkte „FH“, und die Mühle verweigerte den Start. Dieses Verhalten trat insbesondere dann auf, wenn der Siebträger zu lange auf der Halterung verweilte, bevor wir den Mahlvorgang starteten – vermutlich ein Tarierungsproblem. Die Lösung war einfach, aber nervig: Siebträger kurz rausnehmen, ein paar Sekunden warten und wieder einspannen, dann lief alles wieder. Dieses Phänomen kam selten vor, aber doch häufig genug, dass es auffiel und nervte. Hier heißt es für Eureka: Nachbessern per Firmware, falls möglich. Durch das Verhalten fühlt sich die Waage gelegentlich etwas zickig an. Unterm Strich bewerten wir die Bedienbarkeit dennoch positiv – mit etwas Routine (und dem Wissen um die Tücken) kommt man gut zurecht. Die meiste Zeit genießt man es, einfach nur den Siebträger einzuhängen und auf „Start“ zu drücken, ohne weiter nachzudenken.

Abschließend noch ein Wort zur Reinigung: die klassische Reinigung mit Reinigungspulver geht ohne weiteres. Das ist die Standardreinigung, die wir euch empfehlen. Je nach Nutzung sollte jede Mühle aber auch regelmäßig bis zu den Mahlscheiben geöffnet werden. Das geht auch bei der Libra ohne weiteres. Allerdings muss dafür das Mahlgrad-Einstellrad entfernt werden. Das ist möglich, ohne den Mahlgrad zu verlieren. Allerdings muss dafür jeweils eine Schraube in eine Plastikhalterung geschraubt werden. Wir sind nicht davon überzeugt, dass das der Haltbarkeit gut tut. Wir würden euch eher empfehlen, das Rad zu entfernen und die Plastikhalterung zu schonen. Deshalb haben wir die Reinigungsfähigkeit nur mit “durchschnittlich” bewertet.

Besonderheiten

Die Eureka Libra 65 All Purpose bringt ein paar Besonderheiten mit, die sie von anderen Heim-Mühlen abheben. Zentrales Feature ist natürlich die bereits ausführlich diskutierte integrierte Waage. Grind-by-Weight ist im Heimbereich noch relativ selten – nur wenige Modelle wie z.B. Baratza Sette 270Wi, die Zuriga G2 GbW oder die Ligre Siji arbeiten mit automatischer Gewichtsdosierung. Eurekas Umsetzung funktioniert nach unserer Erfahrung gut und zuverlässig, wenn man die genannten Hinweise (Kalibrierung, Bohnen im Hopper) beachtet. Gerade Einsteiger profitieren enorm davon, weil man sich um die Grammzahl keine Sorgen mehr machen muss und Fehlshots durch falsche Dosierung praktisch eliminiert werden. Die Libra erspart ständiges Nachwiegen und Nachjustieren, was das Espressobrühen entspannter macht. Wer bereits routiniert ist, wird die Präzision und den Komfort ebenfalls zu schätzen wissen. Im Vergleich zu reinen Timer-Mühlen ist das wirklich ein nächster Schritt in Richtung „Zielmenge erreichen und gut ist“ – insbesondere beim Wechsel des Mahlgrades (z.B. von einem hellen auf einen dunkleren Espresso) zeigt die Libra ihre Stärke, da sie die veränderte Durchlaufzeit kompensiert und trotzdem die gewünschte Menge ausgibt.

Eine weitere Besonderheit – und namensgebend – sind die All-Purpose-Mahlscheiben. Eureka wirbt hiermit, dass man mit einer einzigen Mühle alle gängigen Brühmethoden abdecken kann. Unsere Tests bestätigen: Die 65 mm flachen „High-Uniformity“ Burrs (so könnte man sie einordnen) liefern sowohl im feinen Espressobereich als auch im groben Filterbereich sehr gute Mahlergebnisse. Allerdings sollte man, wie oben erwähnt, den Begriff All Purpose nicht falsch verstehen: Es ist möglich, Espresso und Filter zu mahlen, aber nicht ohne manuelle Anpassungen und Zwischenmahlungen. Letztlich ist „All Purpose“ hier eher als Allround-Eignung der Mahlscheiben zu lesen, weniger als Einladung, minütlich zwischen Espresso und Pour Over zu springen. Die Spezialität der Scheiben ist das Partikelprofil mit reduziertem Feinanteil, was zu süßen, klaren Kaffees führt – im Espresso mit etwas weniger wuchtigem Körper als etwa eine Niche Zero (conical burr) liefern würde, dafür mit mehr Klarheit; im Filter mit hoher Sauberkeit, aber minimal weniger Komplexität als echte Filter-Optimisten (z.B. SSP Unimodal Burrs) ermöglichen. Insgesamt sind wir sehr angetan davon, was Eureka hier aus Standard-Stahlscheiben herausholt. Wer mag, kann die Mahlscheiben übrigens optional gegen die beschichteten „Black Diamond“ Burrs tauschen, die Eureka als Zubehör anbietet. Diese haben identische Geometrie und sollen vor allem die Langlebigkeit erhöhen – in der Partikelverteilung oder im Geschmack gibt es in unseren Messungen keinen Unterschied. Ein Upgrade auf Black Diamond lohnt sich also höchstens für Viel-User, die die Mühle täglich sehr stark beanspruchen. Für normale Home-Baristas reichen die mitgelieferten Mahlscheiben völlig aus.

Positiv hervorzuheben sind auch die verbesserten Details gegenüber dem Vorgänger Eureka Libra 55 : Eureka hat offensichtlich auf das Feedback gehört. So wird jetzt ab Werk ein magnetischer Dosierring mitgeliefert, der sauber auf jeden 58-mm-Siebträger aufsitzt. Beim ersten Libra-Modell hatten wir bemängelt, dass ohne Trichter das Kaffeemehl daneben rieselte und man zwingend einen separaten Dosierring brauchte. Die neue Libra 65 mahlt deutlich ordentlicher direkt in den Siebträger – bei helleren und mittleren Röstgraden oft sogar ohne den Trichter praktisch streufrei. Die Statik wurde spürbar reduziert, das Mahlgut landet zentraler im Sieb und baut sich schöner auf. Nur bei sehr dunklen, öligen Bohnen (oder hohem Robusta-Anteil) lohnt es sich, den Trichter weiterhin zu nutzen, um eventuelle elektrostatische Streuungen aufzufangen. Ebenfalls neu ist die bereits erwähnte große Mahlgradskala – ein Segen für die Benutzerfreundlichkeit und Präzision. Insgesamt wirkt die Libra 65 ausgereifter und durchdachter als ihr Vorgänger. Viele kleine Verbesserungen (größere Mahlscheiben, weniger Totraum, Waagen-Firmware, Zubehör) summieren sich zu einem deutlich besseren Gesamtpaket.

Fazit

Die Eureka Mignon Libra 65 All Purpose hat uns im Test durch ihre Vielfältigkeit und Zuverlässigkeit überzeugt. Sie verbindet präzises Gewichts-Dosieren mit einer hohen Mahlqualität – und das in einer kompakten, wohnzimmertauglichen Form. Für Home-Baristas, die sich eine Rundum-Sorglos-Mühle wünschen, ist sie eine äußerst spannende Option. 

Besonders Einsteigerinnen und Einsteiger profitieren: Die Waage nimmt viel Frust und Fehlerpotenzial aus den ersten Espressoversuchen, weil die Mengen immer stimmen und man sich voll auf den Mahlgrad konzentrieren kann. Aber auch fortgeschrittene Nutzer genießen den Komfort, nicht ständig zur Waage greifen zu müssen. Im Espresso-Einsatz zeigt die Libra 65 keinerlei Schwäche und brilliert mit konsistenten, leckeren Shots. Im Filter-Bereich liefert sie ebenfalls gute Ergebnisse, sofern man bereit ist, den Wechsel mit etwas „Purge“-Mahlung (Zwischenmahlung zum entfernen des Kaffees im Totraum) zu gestalten. Man bekommt hier tatsächlich zwei Fähigkeiten in einer Mühle, allerdings in der Praxis am besten abwechselnd nach Bedarf, nicht simultan. Natürlich ist nicht alles perfekt. Die Dosiergenauigkeit war bei uns nach Kalibrierung zwar top, aber die Mühle braucht etwas Eingewöhnung, wenn man Bohnen oder Rezepte wechselt – spontane Wechsel dank All-Purpose-Scheiben sind also nur mit geringer Treffsicherheit bei der ersten Tasse möglich

Fazit eurek libra 65 ap


Außerdem verlangt die Waage ein klein wenig Geduld und Kenntnis: Bleibt man im vorgesehenen Workflow (Bohnen im Hopper lassen, nicht zu lange warten beim Eingriff etc.), funktioniert alles reibungslos. Andernfalls gibt’s auch mal eine Fehlermeldung oder ein Gramm Abweichung. Dies sind jedoch beherrschbare Schwächen, die im Alltag kaum ins Gewicht fallen, wenn man die Libra einmal kennengelernt hat. Die Mahlgeschwindigkeit ist mit gut 1 Gramm/Sekunde relativ gemächlich – für uns im Home-Kontext aber völlig ausreichend. Lieber etwas langsamer und dafür kühler mahlen: Selbst bei mehreren Espressi nacheinander blieb das Mahlgut nämlich kühl (max. ~28–34 °C nach fünf Bezügen) und Aromen wurden nicht durch Hitzebildung beeinträchtigt.

Die Geräuschentwicklung bewegt sich im oberen Bereich; wir messen 84,2 Dezibel. Stärken der Eureka Libra 65 All Purpose sind klar ihr Gewichtsdosierungssystem, die hohe Verarbeitungsqualität und das Allround-Mahlwerk, das Espresso und Filter gleichermaßen gut kann. Schwächen sind hauptsächlich die durch das Konzept bedingten Einschränkungen: als Hopper-Mühle ist sie nicht ideal für häufige Bohnen- oder Profilwechsel, und das Waagensystem hat gelegentlich kleine Macken gezeigt.

Preislich liegt die Libra mit etwa 750 € im oberen Mittelfeld für Heimmühlen. Angesichts der gebotenen Leistung – 65-mm-Profi-Mahlscheiben, integrierte Präzisionswaage, Eureka-typische Qualität – halten wir das Preis-Leistungs-Verhältnis für gut. Man bekommt ein Stück Technologie, das vor wenigen Jahren in dieser Form kaum verfügbar war, und kann damit jahrelang konsistent exzellenten Kaffee zubereiten. 

Für wen eignet sich diese Mühle? Aus unserer Sicht für ambitionierte Kaffeeliebhaber, die daheim sowohl Espresso (Hauptfokus) als auch gelegentlich Filterkaffee zubereiten möchten und Wert auf Komfort und Genauigkeit legen. Wer hingegen jeden Tag Bohnen und Zubereitungsmethode wechselt, wird mit einer Single-Dosing-Lösung oder zwei separaten Mühlen glücklicher – da spielt die Libra ihre Vorteile nicht aus. In einem normalen Haushaltsszenario mit einer Lieblingsbohne (oder zumindest einer Bohne pro Woche) und dem Wunsch nach maximaler Konsistenz ist die Libra 65 jedoch ein Treffer ins Schwarze.

Sie verbindet klassische Eureka-Tugenden (kompakt, hochwertig, espressofokussiert) mit moderner Technologie und echter Allround-Fähigkeit. Von uns gibt es dafür eine klare Empfehlung – die Eureka Mignon Libra 65 All Purpose ist ein gelungenes Upgrade des Vorgängers und bereichert den Home-Barista-Markt um ein durchdachtes “Alles-kann”-Werkzeug. Gerade in Kombination mit einer guten Siebträgermaschine werdet ihr mit dieser Mühle viel Freude haben – und so manch neues Geschmacksdetail in der Tasse entdecken. Prost auf den (gewichtsgenauen) Kaffee!

Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann
Benjamin Hohlmann ist Gründer der Kaffeemacher GmbH. Er war bis Ende 2016 neun Jahre teilhabender Geschäftsführer und Wirt im Kaffeehaus unternehmen mitte. Mit der Kaffeemacher-Akademie, dem Spezialitäten-Café frühling im Kleinbasel und dem Kaffee-Mobil hat er in Basel Massstäbe in Sachen Kaffee gesetzt. In den letzten Jahren sind zum Kaffeemacher-Universum die Kaffeefarm Santa Rita sowie unsere Rösterei hinzu gekommen. Benjamin ist Co-Geschäftsführer der Kaffeemacher verantwortlich für Finanzen, Strategisches und Öffentlichkeitsarbeit. Als Sensoriker und Berater unterstützt er ausserdem Unternehmen und Projekte. Er ist Dozent an der ZHAW Wädenswill im Bereich Kaffee und als Vortragsredner international im Einsatz.

1 Kommentar

Marco E
Marco E
Ich möchte meinen Mahlkönig E65 Gbw wegen des Totraums ersetzen.
Was nun? Zuriga mit ewiger Lieferzeit oder Eureka 65 AP? Bei anderen Channels war die Begeisterung speziell bei helleren Kaffees ziemlich gedämpft.
Was meint ihr?
Viele Grüße,
Marco

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